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Backen als Berufung – Bäckermeister Danzberger verwendet nur Qualitätsrohstoffe.

Wenn Gerhard Danzberger in der Früh seinen Backofen im hessischen Scharbach betriebsbereit macht, ist das für ihn der Beginn eines hitzigen Arbeitstages, den er gar nicht mehr zwingend angehen müsste. Der 1944 im oberfränkischen Marktredwitz geborene Bäckermeister ist längst im Ruhestandsalter, doch Backen ist für ihn sein Leben und seine Leidenschaft.

Damit beginnt es schon in frühester Kindheit. Sein Vater hat damals eine Bäckerei, und Danzberger erinnert sich, wie er mit drei Jahren morgens um sechs den großen Fensterladen aus Holz mit öffnen darf. »Da standen die Kunden schon in langer Schlange, denn 1947 gab es noch Brotmarken. Ich habe stundenlang auf einem Schemel zwischen den Körben mit Brötchen gesessen und dem Verkauf zugeschaut.« Mit vier kommt er in den Kindergarten, verbringt aber die meiste Zeit nicht dort, sondern auf einem nahegelegenen Bauernhof. » Da im Kindergarten damals noch eine gewisse Zucht und Ordnung herrschte, war das nicht mein Ding.«


Lieber stromert der Bub als Anführer einer Kinderbande umher, um spielerisch das beanspruchte Gebiet zu verteidigen. Im benachbarten Wunsiedel wird er mit sechs Jahren eingeschult, und während ihm das Lernen in der Volksschule »außerordentlich leicht« von der Hand geht, hapert es ein wenig bei der Note in „Betragen“. Danzberger ist ein kleiner Querkopf und Rebell. Und er entwickelt schnell einen Sinn fürs Geschäftliche: »Wir haben Eisen, Lumpen, Papier, und Knochen gesammelt, uns als Hilfskräfte verdingt — Kohlen schleppen, Holz aufschlichten und so weiter. Einnahmen hatten wir immer.«

Geklaut wird nicht, »außer ein bisschen Eisen beim Schrotthändler, aber wir haben es ja zurückgebracht und Geld kassiert. Später habe ich auch andere Arbeiten gemacht. Gemauert, betoniert, Traktor gefahren auf dem Feld gegen Geld. Zwischendurch Heidelbeeren, Preiselbeeren und Pilze gesammelt. Daneben musste ich jeden Morgen um sechs Uhr und nach der Schule Brot und Brötchen liefern, ins Gefängnis, Jugendheim und Krankenhaus mit Fahrrad und Anhänger, bei jedem Wetter. Es blieb aber immer noch Zeit zum Spielen. Lernen musste ich ja nicht, das ging von alleine.«

 

Nach sieben Jahren Volksschule wechselte er in die Mittelschule, die er aber nach einem Jahr wieder verlässt, weil er die seinerzeit acht Jahre Schulpflicht erfüllt hat. Mit vierzehn beginnt er eine Bäckerlehre im elterlichen Betrieb, den er schon mit fünfzehn gemeinsam mit der Mutter und einer Hilfskraft ein halbes Jahr alleine führen muss, weil sein einen Herzinfarkt erleidet.

»Als mein Vater wieder genesen war, habe ich in einem Ausflugslokal auf der Luisenburg dreimal in der Saison von Juli bis September gebacken und gekocht. Da gab es die Festspiele auf einer Freilichtbühne, und wir hatten manchmal bis zu 400 Mittagessen. Es gab Schweinebraten, Rinderbraten und Schnitzel, ab 14.00 Uhr Kaffee und Kuchen. Dort habe ich viel gelernt bei sieben Tagen Arbeit die Woche und zwölf Stunden am Tag. Die Kost war frei, und dreihundert Mark netto waren damals viel Geld.«

Auch Fußball spielt er, wenngleich er darin »keine besondere Größe« ist. »Dennoch war ich stolz, wenn ich mit den Fußballschuhen vom Sportplatz nach Hause ging; es hat so schön geklappert.« Nach zweieinhalb Jahren Lehrzeit legt er mit sechzehn seine Gesellenprüfung ab. Mit der Note eins in Theorie ist er zufrieden, mit der Zwei in Praxis nicht. Er verweigert die Annahme des Zeugnisses, das »nach eingehender Beratung« ganz in seinem Sinn korrigiert wird.

Als Teenager kommt man in der zweiten Hälfte der 1950er automatisch mit Rock’n’Roll und Tanzmusik in Berührung. Mit fünfzehn besucht Danzberger die Tanzschule und entdeckt damit eine weitere Leidenschaft. Stundenlang legt er eine heiße Sohle aufs Parkett in der seinerzeit angesagten Milchbar und sonntags beim Tanztee, wo er mit vielen Spanierinnen in Kontakt kommt — »aber alles ohne Sex«.

Bis ins »gereifte Alter von sechzig Jahren« bleibt das Tanzen für ihn eine große Passion. Nachdem seine erste Ehe, die er mit zwanzig Jahren eingegangen ist und der zwei Kinder entstammen, nach 17 Jahren geschieden worden ist und eine zweite Ehe sich als »Flop« herausgestellt hat, gewinnt er mit seiner dritten Gattin Roswitha viele Tanzwettbewerbe. Nur beim letzten Mal 2004 reicht es bloß für den zweiten Platz.

Bereits mit siebzehn hat sich im August 1961 sein Leben »total« geändert: Sein Vater kauft eine Bäckerei im hessischen Bensheim, die der Sohn mal übernehmen soll, »und vier Wochen später bin ich mit meinem Moped von Wunsiedel nach Bensheim „ausgewandert“.« Die Eltern kommen einen Monat später mit dem gesamten Hausstand nach.

Danzberger leidet damals nicht nur an großem Heimweh, sondern auch unter den neuen Lebensumständen. »Das Ladengeschäft war höchstens 20 Prozent vom Umsatz. Das bedeutete nachts backen, tagsüber ausfahren und neue Kunden gewinnen. Was damals nicht schwer war; in Bensheim war ein Flüchtlingsdurchgangslager, jedes Mal wenn jemand eine Wohnung bekam, bin ich da hingefahren, sodass ich ganz schnell über 300 Kunden hatte. Es war ein voller Erfolg umsatzmäßig, nicht aber vom Gewinn, geschweige denn vom Lebensgefühl.

Die Familie Danzberger expandiert mit einer zweiten Bäckerei, baut dort ein Café an und ist auf dem Wochenmarkt dabei. »Ich habe acht Lehrlinge ausgebildet in Bäckerei und Verkauf. Der Laden war sechs Tage in der Woche geöffnet; Dienstag bis Samstag und Sonntag von 10.00 bis 16.00 Uhr. Das Sonntagsgeschäft war sehr gut, und wir verkauften vierzig bis fünfzig Kuchen und Torten. Der Laden war drei Stunden voller Kunden.« Zwanzig Jahre lang geht es in Bensheim geschäftlich aufwärts, und 1967 bereitet sich Gerhard Danzberger in Abendkursen auf die Meisterprüfung vor.

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Bäckermeister Danzberger verwendet nur Qualitätsrohstoffe
Wichtig ist ihm zudem die Tradition, natürlich zu backen. Dazu gehören »Ruhezeiten der Teigführung, handwerkliches Aufarbeiten der Teige, schonende Behandlung, genaues Wiegen und Messen, Temperaturen beachten, auch die Außentemperatur.

Landbäckerei Danzberger
Gerhard Danzberger hat sein Bäckerhandwerk leider eingestellt und ist nun im wohlverdienten Ruhestand.


Viele Menschen werden seine extrem leckeren Backwaren und traditionelle Backkunst vermissen.




 

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